76. Spielminute ....... Linksverteidiger Markus Elmer nimmt das Leder volley und drischt den Ball in den Winkel. Rund 2.000 mitgereiste VfBfans rasten aus und feiern den Sieg im Spitzenduell. Es war der Grundstein für den Wiederaufstieg in die Bundesliga. Das alles geschah am 12, März 1977, es war mein erster und bislang letzter Besuch auf dem "Bieberer Berg" der Offenbacher Kickers. Offenbach steht für beste deutsche Fußballtradition, mit allen Höhen und Tiefen. der alte Ground war gefürchtet, die Stehtribüne komplett entlang der Seitenlinie war schon beeindruckend und die Stimmung fast immer klasse. Das Stadion wurde selten modernisiert, jetzt kam der totale Umbau.
Eigentlich wollte ich schon im letzten Sommer nochmals nach Offenbach, das alte Stadion nochmals sehen, obwohl die Umbauartbeiten schon begonnen hatten. Leider kam so einiges dazwischen, jetzt aber hat es geklappt, ein Nachholspiel bot sich an. Offenbach gegen Jena. Auch Jena hat deutsche Fußballgeschichte geschrieben, allerdings mehr im anderen Teil von Deutschland, in der DDR. Drei Mal feierte man die Meisterschaft, war sogar mal im Europapokalendspiel der Pokalsieger, in Düsseldorf gegen Dynamo Tiflis. In der ewigen Rangliste der DDR-Oberliga nimmt man Platz eins ein, zumindest laut Stadionheft des OFC.
Die Anreise entpuppt sich als leicht. Mit dem ICE bis Frankfurt Hauptbahnhof, dann mit der S-Bahn bis Offenbach Ost. Die Züge gehen im Sechsminutentakt, alles wirklich super. Vom Bahnhof aus führt der ausgeschilderte Weg am Bahngleis entlang seitlich durch ein Waldstück zum "Bieberer Berg", der Heimat der Offenbacher Kickers. Hier ertwartete mich zunächst ein Großaufgebot der Polizei, hoffentlich nicht wegen mir. Das Stadion befindet sich in der Umbauendphase, nur noch eine Tribüne fehlt. Die Einweihung soll im Mai sein und das dürfte zu packen sein. Im relativ kleinen Fanshop kaufte ich mir das Ticket, 18.-- € für die Tribüne hinter dem Tor. Früher war hier Stehplatz, ohne Dach und ein Stahlgerüst. Es hat sich natürlich viel verändert, ich hatte alles größer in Erinnerung. Aber, der OFC hat seine Tradition bewahrt. Man baute Stück füt Stück um und griff auf englische Stadien der Achtzigerjahre zurück. Viertribünenbau nennt man das wohl jetzt. Die "Nähte" zwischen den Blöcken bleiben offen, die Seiten sind verglast. Einiges wirkte noch wie Baustelle, aber das ist normal. Auf die Stehtribüne blieb komplett erhalten, ein Vorbild für den gesamten Profifußball. Der Stadionsprecher wirkte etwas lustlos, die Musik war angenehm. In der ersten Liga wird man zugedröhnt wie bei einem Heavy Metal Konzert. Die Besatzung im Wurststand strahlte die gleiche Übersicht und Ruhe aus, wie bei meinem heimischen A-Ligisten. Fünftausendvierhundertundelf Zuschauer wollten die Partie sehen und sahen ein wohl eher durchschnittliches Spiel. Die Kickers zwar eifrig und bemüht, aber ohne Präzision und Jena konterte geschickt und ging schon in der achten Minute in Führung. Der Gästeblock beherbergte rund 400 Jenaer Fans, nicht schlecht für ein Wochenspieltag. Der Anhäng der Kickers ist wirklich gut, wenn das Team nur besser wäre. Unmut kam erst in der zweiten Hälfte auf, Offenbach drückte und verpasste Möglichkeiten. Jena versagte bei der Entscheidung und so sorgte der eingewechselte Hesse für das gerechte 1:1. Eine Punkteteilung, welche keinem hilft. Für die Kickers ist die Religation in weite Ferne gerückt und Jena bleibt nur noch wenig Hoffnung auf den Klassenerhalt.
Fazit und Abschluß: Wenn das Stadion fertig ist, ist es wohl der schönste Fußballtempel in der dritten Liga. Die Anbindung ist super, 15 Minuten Fußweg vom Bahnhof Offenbach Ost. 20.000 Zuschauer gehen dann rein, allerdings gibt es von manchen Plätzen eine Sichtbehinderung, im oberen Drittel in den Blöcken hinter dem Tor sind Pfeiler betoniert.
Ich komme in der nächsten Saison auf jeden Fall wieder, diesmal dauert es keine 35 Jahre bis zum nächsten Besuch.
RaMü
Bilder: von oben nach unten:
- England "reloaded" in Deutschland
- Geballte Staatsmacht, und alles wegen Jena
- Vieles ist noch im Bau
- Spielszene, im Hintergrund die Stehplatztribüne
- Der Ground von Block 14 ausgesehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen